cc. Aus bedingtem Kapital (Art. 653 ff. OR)

Es entspricht einem wirtschaftlichen Interesse einer AG, Dritten das Recht einzuräumen, ihre Forderungen gegenüber der Gesellschaft durch einseitige Erklärung in Aktienkapital umzuwandeln oder Aktionären resp. VR-Mitgliedern die Möglichkeit zu verschaffen, zusätzlich Aktien zu beziehen. Um diese Transaktionen formell zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber das Institut der Kapitalerhöhung aus bedingtem Kapital geschaffen. So kann zum Beispiel dem Gläubiger eines Darlehens das Recht eingeräumt werden, durch einseitige Erklärung (Ausübung der Option) neue Aktien zu zeichnen und zu liberieren, statt dass die AG die Darlehensforderung begleicht.

Die bedingte Kapitalerhöhung erfolgt durch einen statutenändernden GV-Beschluss. Die Statutenänderung muss die in Art. 653b OR genannten Angaben enthalten, so insb. den (maximalen) Nennbetrag, die Berechtigten, Bezugsrechtsschranken oder Vinkulierung. Das bedingte Kapital darf die Hälfte des bisherigen Aktienkapitals nicht übersteigen. Ausserdem muss die geleistete Einlage mindestens dem Aktiennennwert entsprechen (Art. 653a OR).

Als Regel schreibt das Gesetz vor, dass die Optionsrechte zuerst den bestehenden Aktionären angeboten werden müssen (Vorwegzeichnungsrecht), es sei denn, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Bezugsrechts vorliegen und keine unsachliche Begünstigung oder Benachteiligung entsteht (Art. 653c OR; s. 4. Teil § 19).

Erst wenn die Statutenänderung im HReg eingetragen ist, können die ersten Optionen ausgeübt werden.

Die Wandel- oder Optionsrechte werden durch Erklärung gemäss Statuten ausgeübt. Dabei muss die Bareinlage bei einem dem Bankengesetz unterstellten Bank erfolgen. Bei Optionsscheinen beispielweise sind diese der Bank zu übergeben, die diese vernichtet und dem Optionär die Bestätigung abgibt, dass seine Einlagepflichten erfüllt worden sind.

Die Gewährung der Aktionärsrechte und mit ihnen die Erhöhung des Aktienkapitals erfolgen mit der Erfüllung der Einlagepflicht der jeweiligen Optionäre (Art. 653e Abs. 3 OR). Das Aktienkapital kann sich also von Tag zu Tag um relativ geringe Beträge erhöhen. Der Eintrag in das HReg hat – anders als bei der ordentlichen Kapitalerhöhung – nur deklarativen, nicht aber konstitutiven Charakter.

Sofern der VR keine frühere Prüfung anordnet, prüft ein zugelassener Revisionsexperte nach Abschluss des Geschäftsjahres schriftlich, ob die Ausgabe der neuen Aktien dem Gesetz und den Statuten (ggf. auch dem Emmissionsprospekt) entsprochen hat (Art. 653f OR). Gestützt darauf stellt der VR in einem öffentlich zu beurkundenden Beschluss die Anzahl, den Nennwert und die Art der neu ausgegebenen Aktien sowie weitere Angaben fest und ändert entsprechend die Statuten (Art. 653g OR) und meldet die Änderungen dem HReg (Art. 647 OR).

Sind alle Optionsrechte erloschen, wurden keine eingeräumt oder haben die Berechtigten verzichtet, wird dies von einem zugelassenen Revisionsexperten schriftlich bestätigt und der VR ändert die Statutenbestimmung über die bedingte Kapitalerhöhung oder hebt sie auf (Art. 653i OR).