1. Betreiberin eines kaufmännischen Gewerbes bzw. Unternehmens (Zivil- oder Handelsgesellschaft)?

Eine Zivilgesellschaft nimmt lediglich am bürgerlichen Geschäftsverkehr teil. Sie betreibt mithin kein kaufmännisches Gewerbe bzw. Unternehmen (die Begriffe werden heute synonym verwendet).

Ein kaufmännisches Gewerbe bzw. Unternehmen liegt vor, wenn

  • sachliche und personelle Mittel;
  • organisiert werden;
  • Zweck der Wirtschaftstätigkeit (s. auch Art. 2 lit. a HRegV); d.h.
  • um Erwerb zu erzielen (umsatz- und effizienzorientiert; nicht zwingend gewinnstrebig, aber Leistung gegen Entgelt);
  • in selbstständiger Weise (mit Gestaltungsautonomie bzw. Weisungsfreiheit und eigenem finanziellem Risiko); und
  • auf Dauer angelegt (Absicht genügt; Indizien sind organisatorische Verfestigung sowie Vielzahl und Kontinuität der Geschäfte).

Das Gewerbe bzw. Unternehmen kann neben Handel, Fabrikation und Handwerk auch Leistungen des Primärsektors (Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau etc.) und des Tertiärsektors (Dienstleistungen) beinhalten. Selbst freiberufliche und künstlerische Leistungen werden erfasst, sofern das Streben nach Wirtschaftlichkeit die persönliche Beziehung zum Leistungsempfänger überwiegt.

Handelsgesellschaften betreiben ein kaufmännisches Gewerbe bzw. Unternehmen. Als Handelsgesellschaften gelten:

  • die Kapitalgesellschaften AG, KmAG, GmbH automatisch;
  • und Personengesellschaften mit kaufmännischem Gewerbe.

Keine Handelsgesellschaft, aber ihren Regeln analog unterstellt sind

  • Verein mit kaufmännischem Gewerbe oder Revisionspflicht;
  • Genossenschaft;
  • Kaufmännische eGes (Personengesellschaft mit unbeschränkt haftender juristischer Person oder KlG oder KmG); und
  • Einzelunternehmer, die ein kaufmännisches Gewerbe bzw. Unternehmen betreiben. Dabei ist str., ob die Mindestumsatzschwelle von CHF 100’000, ab der eine Pflicht zum HReg-Eintrag besteht (Art. 931 Abs. 1 OR), für die Qualifikation als Kaufmann wesentlich ist oder nicht.

Liegt ein kaufmännisches Gewerbe vor, greifen zahlreiche Sondervorschriften. Ihre Ratio zielt darauf ab, Geschäftspartner und den Geschäftsverkehr bei wirtschaftlichen Tätigkeiten dieser Art und Tragweite durch besondere Mechanismen zu schützen; so durch die Pflicht zum HReg-Eintrag (Art. 927 ff. OR), den Firmenschutz (Art. 944 ff. OR), die Regeln zur kaufmännischen Buchführung (Art. 957 ff. OR), Prokura und Handlungsvollmachten (Art. 458 ff. OR) sowie weitere Schutzmechanismen (Art. 39 SchKG; Art. 6 ZPO; Art. 895 Abs. 2 und 934 Abs. 2 ZGB; Art. 190 f. OR). Zudem dürfen gewisse Gesellschaftsformen für die Ausübung eines kaufmännischen Gewerbes nicht (oder nur als Nebenzweck) gewählt werden, insbesondere der Verein.

Die im KAG geregelten Gesellschaften werden im Folgenden nicht näher behandelt. Denn ihr Hauptzweck ist nie auf den Betrieb eines Gewerbes bzw. Unternehmens ausgerichtet, sondern stets der kollektiven Kapitalanlage gewidmet.