5. Sitz, Statut und Nationalität
Am Hauptverwaltungssitz treten die geschäftsführenden Personen hauptsächlich zusammen und setzen ihre Führungsakte um. Seine Verlegung verlangt Einstimmigkeit (Personengesellschaften) bzw. qualifiziertes Mehr (Körperschaften, s. etwa Art. 704 Ziff. 13 OR). Er bestimmt meist die Nationalität und hilfsweise das Gesellschaftsstatut (s.u.).
Der statutarische Sitz ergibt sich aus den Statuten, welche ihn
- bei Körperschaften zwingend nennen müssen, wobei er vom Hauptverwaltungssitz abweichen kann (Art. 56 ZGB);
- bei Personengesellschaften freiwillig nennen können, wobei er in jedem Fall dem Hauptverwaltungssitz entsprechen muss.
Nach dem statutarischen Sitz richtet sich namentlich die handelsregisterrechtliche Zuständigkeit (Art. 554, 596 Abs. 1, 640, 778, 835 OR) und oft auch die zivilprozessuale örtliche Zuständigkeit für Verfahren gegen die Gesellschaft (Art. 40 ZPO).
Das Gesellschaftsstatut regelt das in einem internationalen Sachverhalt auf die Gesellschaft anwendbare nationale Recht;
- nach der Inkorporations- oder Gründungstheorie das Recht jenes Staates, nach dessen Normen sich eine Gesellschaft organisiert (so etwa die Regelanknüpfung an den statutarischen Sitz in Art. 154 Abs. 1 IPRG);
- nach der Sitztheorie das Recht des Staates, in dem eine Gesellschaft ihren Hauptverwaltungssitz hat (so etwa die Hilfsanknüpfung in Art. 154 Abs. 2 IPRG)
- eine Sonderanknüpfung bei Spezialfragen (z.B. Firmenschutz, Zweigniederlassung, Vertretungsmacht; s. Art. 156 ff. IPRG).
Fremdenrechtliche Normen machen ihre Anwendbarkeit von der Nationalität einer Gesellschaft abhängig. Letztere bestimmt sich gemäss:
- Strukturtheorie nach dem Staat, zu dem eine Gesellschaft ihre engste Beziehung pflegt, insb. in welchem sie ihren statutarischen Sitz hat (und/oder ins HReg eingetragen ist);
- Kontrolltheorie nach der Nationalität der natürlichen Personen mit beherrschender Stellung in der Gesellschaft (so z.B. Art. 5 Abs. 1 lit. c BewG zum Erwerb von Grundstücken durch ausländische Gesellschaften).