1. AG (Art. 620 ff. OR)

Die AG ist (neben der GmbH) die wichtigste Gesellschaftsform in der Schweiz. Das Aktienrecht ist äusserst flexibel: Die AG steht offen für Einpersonengesellschaften (mit einem Aktionär, der zugleich einziger VR ist), kleinere, mittlere und auch für sehr grosse Gesellschaften und Publikumsgesellschaft mit vielen tausend Aktionären.

Die AG ist eine als juristische Person organisierte Körperschaft und eine kapitalistisch ausgestaltete Gesellschaft, deren zum Voraus bestimmtes Kapital (Aktienkapital) in Teilsummen (Aktien) zerlegt ist.

Für ihre Verbindlichkeiten haftet die AG gegenüber Dritten mit ihrem ganzen Gesellschaftsvermögen, nicht nur mit dem Aktienkapital (Art. 620 OR). Die Gesellschafter und Verwaltungsräte haften grundsätzlich nicht für Gesellschaftsschulden. Das macht die AG für Gesellschafter attraktiv. Bei kleinen Gesellschaften kann dies allerdings zur Notwendigkeit führen, Gläubigern zusätzliche Sicherheiten zu bestellen (z.B. Pfandrechte oder Bürgschaften).

 

Im Aktienrecht gab es in den letzten Jahre einige Änderungen. Die wichtigsten Entwicklungen sind chronologisch:

  • Entwurf 2007 (BBI 2008 1589, 1751)
    • Verbesserung der Corporate Governance durch Verstärkung der Stellung der Aktionäre
    • Flexiblere Ausgestaltung der Kapitalstrukturen mittels Einführung eines Kapitalbands und Aufhebung eines Mindestnennwertes bei Aktien
    • Modernisierung der GV und umfassende Revision des Rechnungslegungsrecht
    • 2013 an den Bundesrat zurückgewiesen
  • Minder-Initiative (BBI 2009 299, 341)
    • Vergütungen des obersten Management von börsenkotierten Aktiengesellschaften soll eingeschränkt werden
    • Aktionäre sollen zwingend Mitbestimmungsrechte über die Vergütungspolitik erhalten
    • Angenommen von Volk und (allen!) Ständen
  • VegüV (SR 221.331)
    • GV stimmt jährlich über Vergütungen der VR-, Beirat- und Geschäftsleitungs-Mitglieder ab
    • Gewisse Formen von Vergütungen werden verboten
  • Vorentwurf 2014 (Medienmitteilung vom 28. November 2014)
    • Überführung der VegüV ins Gesetz
    • Annäherung an Geschlechtergleichstellung im VR und der Geschäftsleitung durch Comply-or-Explain
    • Erhöhte Transparenz im Rohstoffsektor
    • Übernahme von Teilen des Entwurfes 2007 und weiteren Neuerungen
  • Entwurf 2017 (BBI 2017 399, 683)
    • Übernahme des Vorentwurfes
    • Vereinfachung und Flexibilisierung in der Gründung und der Kapitalausgestaltung
  • revAktienrecht 2023 (AS 2020 4005)
    • Geschlechterrichtwerte und Bestimmungen über den Rohstoffsektor treten per 1.1.2021 in Kraft (AS 2020 4145)
    • Restliche Änderungen inkl. der HRegV werden auf den 1.1.2023 überführt und damit die VegüV aufgehoben
  • BG über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses (BBI 2019 5193, 2022 702)
    • Art. 684a revOR sieht die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäft zur Übertragung von Aktien bei sog. Mantelhandel vor. Ein Aktienmantel ist «eine wirtschaftlich vollständig liquidierte und von den Beteiligten aufgegebene, juristisch aber noch nicht aufgelöste Gesellschaft[.]»
    • Ein Verzicht auf eingeschränkte Revision ist nur für die folgenden Geschäftsjahre möglich und muss beim HReg angemeldet werden (Art. 727a Abs. 2 revOR).