7. Bruttoprinzip, Verrechnungsverbot und Saldierungsverbot (Offsetting)

a) Allgemeines

Das Verrechnungsverbot untersagt die horizontale Verrechnung von «links und rechts» in der Rechnung (Bilanz, Erfolgsrechnung). Es ist grundsätzlich verboten in der Bilanz Aktiven mit Passiven und in der Erfolgsrechnung Aufwand mit Ertrag zu verrechnen. Verfügt die Gesellschaft über ein mit einer Hypothek belastetes Grundstück, ist der Bruttowert des Grundstücks als Aktivum und der Bruttowert des Darlehens als Passivum in die Bilanz aufzunehmen. Lediglich den Differenzbetrag als wirtschaftlichen Nettowert der Liegenschaft in der Rechnung zu führen ist untersagt.

Das Saldierungsverbot untersagt eine Zusammenfassung in der Vertikalen, von je zwei Aufwandsposten oder je zwei Ertragsposten, «von oben nach unten». Das Saldierungsverbot ist im Rechnungslegungsrecht methodisch durch die Mindestgliederungsvorschriften für die Erfolgsrechnung und Bilanz ausgedrückt: Soweit zu gliedern ist, darf nicht saldiert werden. Das Saldierungsverbot soll verhindern, dass die Forderungen gegen Verbindlichkeiten hochgerechnet und damit die Transparenz des Jahresabschlusses verringert wird. Da die Bilanz ohnehin als Summe rechnerisch ausgeglichen sein muss (die Summe der Aktiva entspricht der Summe der Passiva), würde sich sonst im Extremfall jede Bilanzposition aufheben lassen. Es gilt das Bruttoprinzip.

Der Grundsatz der möglichst zuverlässigen Beurteilung ist vorrangig. Umgekehrt erlaubt das Wesentlichkeitsprinzip gewisse Abweichungen vom Saldierungsverbot, die jedoch insgesamt nicht ins Gewicht fallen sollten.

b) Quellen

Vgl. dazu Art. 957a Abs. 2 Ziff 1, 5 sowie Art. 958 Abs. 1 und Art. 958c Abs. 1 Ziff. 7 OR; HWP, Bd. 1, II.6.2.2.6, S. 63 ff.; Swiss GAAP FER, Rahmenkonzept, Ziff. 14; IAS 1.32 ff.

(1) Swiss GAAP FER

Bruttoprinzip (Swiss GAAP FER, Rahmenkonzept, Ziff. 14)

Die Jahresrechnung entspricht dem Bruttoprinzip, wenn Aktiven und Passiven, Ertrag und Aufwand je separat gezeigt werden. Verrechnungen dürfen nur in sachlich begründeten Fällen erfolgen und wenn dadurch keine irreführende Darstellung entsteht.

Ein begründeter Fall liegt vor, wenn eine Fachempfehlung es erfordert oder erlaubt sowie wenn dadurch der wirtschaftliche Gehalt eines Geschäftsvorfalles oder eines Ereignisses widerspiegelt wird.

(2) IAS/IFRS

Offsetting – Saldierung (IAS 1.32 ff.)

  1. Vermögenswerte und Schulden sowie Erträge und Aufwendungen dürfen nicht miteinander saldiert werden, soweit nicht die Saldierung von einem Standard bzw. einer Interpretation gefordert oder erlaubt wird.
  1. Es ist wichtig, dass Vermögenswerte und Schulden sowie Erträge und Aufwendungen gesondert dargestellt werden. Saldierungen in der Gewinn- und Verlustrechnung oder in der Bilanz vermindern die Fähigkeit der Adressaten, Geschäftsvorfälle, sonstige Ereignisse oder Bedingungen zu verstehen und die künftigen Cashflows des Unternehmens abzuschätzen, es sei denn, die Saldierung spiegelt den wirtschaftlichen Gehalt eines Geschäftsvorfalls, eines Ereignisses oder sonstiger Bedingungen wider. Die Bewertung von Vermögenswerten nach Abzug von Wertberichtungen – beispielsweise Abschläge für veraltete Bestände und Wertberichtigungen von Forderungen – stellt keine Saldierung dar.
  1. IAS 18, Erträge, definiert Erträge und schreibt vor, dass sie zum beizulegenden Zeitwert der erhaltenen oder zu beanspruchenden Gegenleistung abzüglich der vom Unternehmen gewährten Preisnachlässe und Mengenrabatte zu bewerten sind. Ein Unternehmen unternimmt im Verlaufe seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auch solche Geschäftsvorfälle, die selbst zu keinen Erträgen führen, die aber zusammen mit den Hauptumsatzträgern anfallen. Die Ergebnisse solcher Geschäftsvorfälle sind durch die Saldierung aller Erträge mit den dazugehörigen Aufwendungen, die durch denselben Geschäftsvorfall entstehen, darzustellen, wenn diese Darstellung den Gehalt des Geschäftsvorfalles oder Ereignisses widerspiegelt. Beispielsweise:

(a) Gewinne und Verluste aus der Veräusserung von langfristigen Vermögenswerten einschliesslich Finanzinvestitionen und betrieblicher Vermögenswerte werden erfasst, indem von den Veräusserungserlösen der Buchwert der Vermögenswerte und die damit in Zusammenhang stehenden Veräusserungskosten abgezogen werden; sowie

(b) Aufwand in Verbindung mit einer Rückstellung, die gemäss IAS 37 Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen erfasst wird und gemäss einer vertraglichen Vereinbarung mit einem Dritten (z.B. Lieferantengewährleistung) erstattet wird, darf mit der entsprechenden Rückerstattung saldiert werden.

  1. Ausserdem werden Gewinne und Verluste, die aus einer Gruppe von ähnlichen Geschäftsvorfällen entstehen, saldiert dargestellt, beispielsweise Gewinne und Verluste aus der Währungsumrechnung oder solche, die aus Finanzinstrumenten entstehen, die zu Handelszwecken gehalten werden. Solche Gewinne und Verluste werden jedoch, sofern sie wesentlich sind, gesondert ausgewiesen.