cc. Teilnahme und Vertretung
Teilnahmeberechtigt sind die Aktionäre als Mitglieder der GV (Art. 689 ff. OR), der VR und die Geschäftsleitung. Aktionäre können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Es gibt keine Maximal- oder Minimalzahl. Nehmen VR- oder Geschäftsleitungsmitglieder an der GV teil, dürfen sie sich zu den Traktanden äussern und Anträge einbringen (Art. 702a OR), auch ohne Aktionärsstellung.
Jeder Aktionär ist befugt, gegen die Teilnahme unberechtigter Personen beim VR oder zu Protokoll der GV Einspruch zu erheben und den entsprechenden Beschluss anzufechten, sofern die beklagte Gesellschaft nicht nachweist, dass die unbefugte Teilnahme keinen Einfluss auf die Beschlussfassung hatte (Art. 691 Abs. 2, 3 OR).
Aktionäre können sich individuell an der GV vertreten lassen (Art. 689b OR), sei es durch einen gewillkürten Stellvertreter (Art. 32 ff. OR) oder den gesetzlichen Vertreter (Eltern, Organe, Konkursverwaltung, Willensvollstrecker etc.). Die Vertretung hat die Weisungen des Aktionärs zu befolgen; indes bleibt die Stimmabgabe trotz Missachtung gültig. Steht eine Aktie im gemeinschaftlichen Eigentum, so müssen die Aktionäre eine Vertretung bestimmen (Art. 690 OR). Die Statuten von nicht-börsenkotierten Gesellschaften können die gewillkürte Vertretung auf andere Aktionäre einschränken, müssen dann aber besondere Vorschriften beachten (Art. 689d OR). Im Falle der Nutzniessung an einer Aktie wird diese durch den Nutzniesser vertreten (Art. 690 Abs. 2 OR).
Eine institutionelle Vertretung ist möglich durch Depot- und Organstimmrechtsvertreter sowie unabhängige Stimmrechtsvertreter (s.u.). Sie haben stets weisungsgemäss zu stimmen und bei fehlender Weisung ihre Stimme zu enthalten (Art. 689e Abs. 1 und 2, 689b Abs. 3 OR), was wie eine Neinstimme wirkt (Art. 703 Abs. 1 OR). Institutionelle Vertreter geben der Gesellschaft die Vertretungsverhältnisse (Anzahl, Art, Nennwert und Kategorie der von ihnen vertretenen Aktien) bekannt. Andernfalls sind GV-Beschlüsse nach den Regeln über die unbefugte GV-Teilnahme (Art. 691 OR) anfechtbar. Der GV-Vorsitz eröffnet der GV diese Angaben pro Vertretungsart; andernfalls kann jeder Aktionär die GV-Beschlüsse anfechten (Art. 689f OR).
Als Depotvertreter können nur Institute fungieren, die dem BankG oder dem FINIG unterstellt sind, und nur für die bei ihnen hinterlegten nicht börsenkotierten Aktien. Sie müssen vor jeder GV um Stimmweisung nachsuchen und hilfsweise nach allgemeiner Weisung des Hinterlegers stimmen oder sich andernfalls enthalten (Art. 689e OR).
Organvertreter sind entweder Organe der Gesellschaft oder andere von ihr abhängige Personen.
Für börsenkotierte Aktien ist die Depot- und die Organstimmrechtsvertretung untersagt (Art. 689b Abs. 2 OR).
Als unabhängige Stimmrechtsvertreter können natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften fungieren. Die Vorschriften zur Unabhängigkeit der Revisionsstelle bei der ord. Revision sind analog anwendbar. Ihre Unabhängigkeit darf weder tatsächlich noch anscheinend beeinträchtigt sein (Art. 689b Abs. 4, 5). In börsenkotierten Gesellschaften (Art. 689c OR) wählt die GV den unabhängigen Stimmrechtsvertreter. Bleibt die Wahl aus, ernennt der VR einen Vertreter für die nächste GV oder handelt gemäss der (anderslautender) Statuten. Der VR hat die Instruktion des Vertreters zu gewährleisten. Der Vertreter behandelt die Weisungen bis zur GV vertraulich, eine aggregierte Auskunft zuhanden der AG ist frühestens drei Werktage vor GV erlaubt. Elektronische Vollmachten und Weisungen sind zulässig.